1) Kollege Reinhold
Ich bin seit 1972 Angehöriger bei der Polizei und hatte Anfang der 90er Jahre „mein Schusswaffenerlebnis“.
Mein Kollege und ich wurden von einem 20jährigen mit einer Pistole bedroht, mein Kollege schoss in Notwehr auf den Täter, an der Schussverletzung verstarb der 20 Jährige. In der Folgezeit setzte ich mich mit dem Geschehen nicht auseinander, da ich ja nicht geschossen hatte. Trotzdem spürte ich eine große innerliche Unruhe, deren Grund ich nicht verstehen wollte, oder konnte.
1995 stieß ich dann auf die vom ev. Landespfarrer im Rheinland gegründete Selbsthilfegruppe und durfte auf einem Seminar erleben, wie hilfreich es ist, einen Kreis von Kollegen die beschossen wurden, oder geschossen haben, kennen zu lernen. Hier fühlte ich mich an- und aufgenommen und konnte endlich reflektieren, warum mich dieses Geschehen über Jahre nie losließ.
1998 war dann dieses Projekt „Selbsthilfegruppe“ gestorben, was ich persönlich als schmerzlichen Verlust empfand, da ich immer wieder gern zu solch einem Seminar gefahren war und weitere gewinnbringende Erfahrungen gemacht hatte.
Ich schrieb deshalb im November 2001 mir lieb gewonnene Kollegen an und fragte nach ob es uns nicht selbst gelingen könne, den Kreis am Leben zu erhalten. Die mir unverzüglich zugehenden Antworten machten mir Mut die Initiative zu ergreifen und in privater Eigenschaft die Idee des Selbsthilfekreis weiterzuführen.
Wir halten einmal im Jahr ein Seminar in Bayern ab. – Mit bundesweitem Zuspruch von Saarbrücken bis Schwerin, von Hamburg bis Freudenstadt- . Auch Schweizer Kollegen waren mittlerweile bei uns Gäste.
Eingeladen werden zu den Seminaren bevorzugt Kollegen die einen Schusswaffengebrauch hatten, oder die beschossen wurden. Aber auch Kollegen/innen mit ähnlich einschneidende Ereignissen mit Todeserfahrung sind bei uns willkommen.
Im Sommer 2003 haben wir auch erstmals ein Partnerseminar abgehalten, da wir feststellen mussten, dass diese Ereignisse auch auf die Familie und Partnerschaft ausstrahlen.
2) Kollege Jürgen
Ich bin seit 1981 Polizist. Bis 2003 war ich Schutzmann. Dann hatte ich „mein Schusswaffenerlebnis“.
Mit drei meiner Kollegen hatte ich den Auftrag einen Tatverdächtigen auf offener Straße zu stellen, der im Nachhinein als Amokschütze bezeichnet wurde. Tote und Schwerverletzte gingen auf sein Konto. Bei dem Versuch, den Mann zu überwältigen, wurde ich aus einer Distanz von unter einem Meter durch seinen Bauchdurchschuss lebensgefährlich verletzt. Es folgten 85 Tage Koma, Rehaphase, 21 Operationen und massive dauerhafte körperliche Schäden, die mich in den Ruhestand zwangen.
In der psychischen Aufarbeitung des Erlebten stieß ich Anfang 2005 auf die Selbsthilfegruppe und fühlte mich dort sofort verstanden und finde diese Gruppe so hilfreich, dass ich dieses Projekt aktiv weitertragen möchte. Seit 2007 biete ich in der Umgebung von Berlin im Frühjahr und Herbst Einzelseminare an.